HÄNDELS OPEN AUF DEM HALLMARKT

Halle/MZ. So sehen Rockstars aus. Die Augen fest geschlossen, das Gesicht wie vom Schmerz verzerrt, der ganze Mann scheint komplett entrückt. Schweiß tropft. Nach einem minutenlangen Solo schnauft der Mann aus, holt tief Luft, rückt sein Instrument zurecht. Dann tritt er an eine der Boxen heran und scherzt ein bisschen mit der Rückkopplung.

Aber der Mann hat keine Gitarre in den Händen, sondern: ein Akkordeon. Und er spielt auch keinen Rock, sondern: Mozart. Gestatten, Wolfgang Staribacher, Kopf der Wiener „Mozartband“. Was von diesem Projekt da seit einiger Zeit zu hören ist, das ist neu und geradezu unerhört. Und der Auftritt am Mittwochabend bei Händels open auf dem Hallmarkt war nichts weniger als eine Sensation.

Es fängt meist harmlos an, oft mit Themen aus Mozarts frühen Symphonien. Da braucht es nicht viel: ein Fagott, eine Geige, eine Bratsche, dazu Staribacher in ständigem Wechsel zwischen Akkordeon, Hammondorgel und E-Piano. Zwei große Stimmen (Yasmine Piruz und Christian Wolf) noch, dann kommt ein funkiger Bass hinzu, das Schlagzeug legt kraftvoll los. Die beiden Streicher tanzen auf Effektgeräten, Staribacher lässt die Hammondorgel jaulen – und die Ohren melden akute Überforderung. Was denn jetzt? Klassik? Rock? Jazz? Alles zusammen, ja – aber wundersamerweise ohne Brüche an den Schnittstellen. Und vor allem: ohne Mozarts Musik ein Leid anzutun. Die Mozartband macht Musik zu einem geradezu orgiastischen Erlebnis. Auf der CD ist das brillant – auf der Bühne umwerfend

Bis es soweit war, hat es gedauert: sieben Jahre suchte das Ensemble nach dem richtigen Mix, mehr als 70 Instrumentalisten und 30 Sängerinnen und Sänger probten mit und stiegen wieder aus. Inzwischen freilich ist die Band so souverän, dass sie in ihrem Pressespiegel die Hymnen gleichberechtigt neben den Verrissen abdruckt: Von „Kaufhaus-Rocksound“ ist da die Rede, von „biederem Folkrock-Crossover“, und manch einer fragt ratlos: „Darf man das?“
Aber gewiss – Mozart wäre begeistert gewesen!

Mitteldeutsche Zeitung, 11.6.2004

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