Fränkische Landeszeitung vom 26.9.2014

GRANDIOSER ABERWITZ MIT AMADEUS-FAKTOR

Die österreichische Mozartband gab in den Ansbacher Kammerspielen ihr einziges Konzert in diesem Jahr

Gratwanderungen können richtig Spaß machen, der Spagat zwischen ernsthaft und unterhaltsam kann eine lustvolle Übung sein, die Artisten wie Publikum mit einem lang anhaltenden Lächeln zurücklässt. Ein solches hatten noch Stunden später jene im Gesicht, die den Auftritt der „Mozartband“ in den Ansbacher Kammerspielen miterleben durften.

Einst waren die österreichischen Crossover-Spezialisten zu neunt und spielten die Alte Welt in Grund und Boden – mit intelligenten Adaptionen jener Stücke, die dem Wiener Klassiker Wolfgang Amadé Mozart schon in jungen Jahren einen Ruf wie Donnerhall einbrachten: frühe Instrumentalwerke und Opern-Fingerübungen wie „Il Re Pastore“. Bei der Mozartband wurden aus ohrwurmigen Symphonie-Sätzen und effektvollen Koloratur-Trouvaillen hoch virtuose Miniaturen zwischen „Schräg dahoam“-Pop und Gstanzlblues, Heurigen-Seligkeit und Jazz-Melancholie.
Im Jubiläumsjahr der Ansbacher Kammerspiele ist die Mozartband, in der einst auch die Nürnberger Percussion-Legende Yogo Pausch für den passenden Groove sorgte, zum Trio geschrumpft. Ein eingeschworenes Dreigespann aus Bandgründer Wolfgang Staribacher am Akkordeon, Sängerin Yasmine Piruz und Schlagzeuger Markus Perschon, das in diesem Jahr genau ein Konzert auf der Agenda hatte – den Auftritt in Ansbach.
Und der gerät fraglos zum Triumph der Kleinform, zur Apotheose der Minimalbesetzung. Die durchaus komplexen Mozart-Arrangements, von denen die Stücke der „Mozartband“ immer lebten, sind nun in einer „Quetsche“ verdichtet, die einst mehrmotorige Rhythmusgruppe auf eine Hochleistungsmaschine reduziert.
Eine puristische Kontrastfolie, vor der eine bewusst exaltiert agierende Ausnahme-Vokalistin über alle Stränge schlagen, die Grenzen verschieben, Tabus brechen darf. Wenn sich Yasmine Piruz die eigentlich für Bassbariton geschriebene Auftrittsarie des Figaro, „Se vuol ballare“ aus der „Hochzeit des Figaro“, vornimmt, dann ist das ganz großes Kino, weil sie die geistreiche Attacke gegen die herrschende Kaste mit dem gebotenen Maß an Aggression und beißender Ironie über die Rampe bringt.
Bisweilen regiert in der Trioversion der „Mozartband“ auch einfach der schiere Aberwitz. Vor einiger Zeit bekam Wolfgang Staribacher das Salieri-Album der italienischen Mezzosopranistin Cecilia Bartoli in die Hände. Die Arie „Son qual lacera tartana“ aus Antonio Salieris heute praktisch vergessener Oper „La Secchia rapita“ (zu deutsch „Der geraubte Eimer“) verlangt sängerisches Powerplay, weist horrende technische Schwierigkeiten wie Sprünge über zwei Oktaven auf – und wird bei der „Mozartband“ zu einer feuerwerkgleich zündenden Rock-Bombe. Ein Furioso, bei dem sich Cineasten wohl nicht zufällig an jene Szene aus Luc Bessons „Das fünfte Element“ erinnert fühlen, in der eine Alien-Operndiva ihr Publikum mit mehreren Mündern und mehrstimmigem Gesang zu begeistern weiß. Yasmine Piruz ist gewiss kein Alien – aber ihre Kunst scheint dennoch aus einer anderen Welt zu kommen. Hammerstark.

Hans von Draminski

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